So punkten Sie mit Ihrer Webseite und Online-Marketing bei den Wählerinnen und Wähler

Wahlkampf: Wie Politiker/innen online erfolgreich sind.

Dieser Artikel erscheint knapp 1 Jahr vor den nationalen Wahlen der Schweiz am 22. Oktober 2023. Höchste Zeit, darüber zu schreiben, was Politiker/innen machen können, damit ihre Webseite sie tatsächlich unterstützt im Wahlkampf.

In der Vorbereitung zu diesem Artikel habe ich 30 Webseiten von Nationalrätinnen und Nationalräte analysiert. Mit Blick über den grossen Teich (in die USA) ist für mich klar: Hier können Politiker/innen noch viel lernen.

Verpasste Chance?
Davon bin ich überzeugt! Webseiten bieten tolle Möglichkeiten, den Wahlkampf auch digital vorwärtszubringen.

In diesem Artikel möchte ich aufzeigen, worauf Politiker/innen auf der persönlichen Webseite achten sollten (Teil A) und welche Möglichkeiten bestehen, einen Wahlkampf aktiv digital zu pushen (Teil B).

Autor: | Zuletzt aktualisiert: 12.06.2023
Inhalt

30 Webseiten von Nationalrätinnen und Nationalräte unter der Lupe: Das ist mir aufgefallen

  • Wenn ich den Namen bei Google eingegeben habe, ist die persönliche Webseite oft nicht auf Platz 1 erschienen. 👉 Dringender Bedarf für Suchmaschinen-Optimierung (später mehr dazu).
  • Es gibt tatsächlich Nationalräte ohne Webseite 😅 
  • Quasi auf keiner Seite konnte ich in Kürze herausbekommen, was der/die Politiker/in politisch erreichen möchte. 🧐
  • Ebenfalls bei quasi allen Webseiten hatte ich das Gefühl, die Politiker/innen wissen selbst nicht, an wen sie sich richten. (Dazu im 3. Abschnitt mehr) 🎯
  • Zu viele Texte ohne Mehrwert. Liebe Politiker/innen, es ist ja nett, wenn ihr mir sagt, wo ihr den Kindergarten besucht habt. Aber vor allem möchte ich wissen, WARUM ich euch wählen sollte 😉
  • Viel zu wenige richtig gute Texte, die mir als Wähler verraten, warum ich gerade diese/n Politiker/in wählen sollte.
  • Der Begriff «Call2Action» ist für Politiker/innen ein Fremdwort.

Übrigens: Ich habe die 30 Webseiten querbeet über alle Parteien nach Zufall analysiert.

Was Schweizer Politiker/innen von den US-Politikern übernehmen sollten

Auch wenn ein Wahlkampf in den USA nicht direkt mit einem Wahlkampf in der Schweiz verglichen werden kann, wage ich dennoch die eine oder andere Inspiration von dort aufzunehmen.

Man könnte sagen, dass es einen signifikanten Unterschied gibt, der grösser nicht sein könnte: 

Auf politischen US-Webseiten wird zur Handlung aufgefordert, ab der erste Sekunde. US-Webseiten versuchen, die Besucher/innen direkt zu involvieren. Polit-Webseiten aus der Schweiz legen den Fokus fast ausschliesslich auf Information.

So sieht es beispielsweise aus, wenn man aktuell die Webseite der Democrats (Demokratische Partei der USA) öffnet:

Startseite der Demokraten

Ein Spendenaufruf noch vor der ersten Information.

Klar. Ich weiss. Sie werden jetzt sagen, dass in den USA eine ganz andere Wahlkampf-Kultur herrscht. Und ja, ich würde Ihnen ebenfalls davon abraten, derart früh zu Spenden aufzurufen.

Der Punkt ist: Liebe Politiker/innen der Schweiz, beschränkt euch nicht auf Informationen auf der Webseite. Überlegt euch, wie Ihr die Webseiten-Besucher/innen involvieren könnt.

Spontan habe ich dafür folgende Ideen:

  • Newsletter
  • Wähler/innen fragen Politiker/innen
  • Umfragen
  • Aufzeigen, wie Anliegen unterstützt werden kann (und ja, das machen einige bereits)
  • Aufzeigen, wie die Wahl unterstützt werden kann

Teil A - Das sollten Politikerinnen und Politiker auf der Webseite beachten

Die erste Frage lautet bei jeder Webseite: Wer ist die Zielgruppe?

Vermutlich denken Sie als Erstes an die Wählerinnen und Wähler. Punkt für Sie.

Doch sollten Sie auch an zwei weitere Stakeholder denken: Die Medien und besonders Ihre Wahlkampf-Community.

1. Stakeholder-Gruppe: So erreichen Sie Ihre Wählerinnen und Wähler

Wenn Wählerinnen und Wähler sich aktiv über eine Person informieren wollen, so können diese zwar an eine politische Veranstaltung gehen, die 24/7 Lösung bietet allerdings die persönliche Webseite.

Plakate, Flyer, Podien und Wahlkampf-Standaktionen sorgen dafür, dass Sie als Person Aufmerksamkeit erhalten.

Doch:
Die wenigstens lassen sich durch einen einzigen Flyer oder mit einem Plakat überzeugen.

Das soll nicht heissen, dass diese Werbemittel nicht nötig sind! Für die Aufmerksamkeit sind diese Mittel nach wie vor eine gute Wahl.

Nur benötigt die interessierte Wählerschaft mehrere Kontaktpunkte, um von einer Person überzeugt zu werden. Und wo informiert sich der moderne Wähler? Natürlich: Im Internet! 

Nehmen wir ein klassisches Szenario:
Ein potenzieller Wähler hat Sie an einer Standaktion kennengelernt und Sie grundsätzlich sympathisch gefunden. Jetzt möchte er wissen, wie Sie politisch «ticken».

Er kommt nach Hause, sitzt vor den Wahlunterlagen und möchte vor dem Panschieren und Kumulieren prüfen, ob auch Sie seine Meinung vertreten. Einmal Ihren Namen googeln und lesen und die Webseite wirken lassen.

Jetzt sollten Sie sich fragen: Ist Ihre Webseite für diesen potenziellen Wähler wirksam? Wird dieser Wähler überzeugt, Sie zu wählen. Konkret: Wird Ihre politische Agenda klar, verständlich und überzeugend kommuniziert? 

Achtung: Ich werde gleich Donald Trump etwas loben. Falls Sie das verstört, springen Sie besser gleich zur zweiten Stakeholder-Gruppe. 🙃

Mein Rat: Verkaufen Sie Ihre politische Botschaft.

Der Wähler fragt sich nämlich (bewusst oder unbewusst), was es ihm bringt, Sie zu wählen. Damit das gelingt, müssen Sie spezifisch sein. Es reicht nicht, etwas zu schreiben wie «Ich fordere mehr Mittel für die Umwelt».
Sie müssen schreiben, was Sie den Mitteln machen wollen (Windräder bauen?) und was das dem Wähler bringt.

Ausserdem ist wichtig, dass Sie Ihre Forderung leicht verständlich und bildlich formulieren.

Ich weiss, Sie sind vermutlich kein Fan von Donald Trump. Doch eines müssen wir ihm lassen: Wir wissen alle, dass er 2016 eine Mauer zu Mexiko gefordert hat.

Ja, diese Forderung mag für Sie plump klingen. Mag auch sein, dass Sie Trump niemals gewählt hätten. Aber Donald Trump musste ja nicht Sie überzeugen, sondern den republikanisch-konservative Bevölkerungsteil der USA.

Ich will damit nicht sagen, dass Sie wie Donald Trump sein sollen, auf keinen Fall!

Aber möchte ich Ihnen bewusst machen, dass eine gute politische Idee allein nicht reicht. Als Politiker/in schulden Sie es den Wähler/innen, Ihr Wahlprogramm zu verkaufen, verständlich, klar und überzeugend.

2. Stakeholder-Gruppe: So beglücken Sie die Medien

Als ambitionierte Politiker/in möchten Sie natürlich in den Medien erscheinen. 

Seien Sie so lieb:
Halten Sie ein paar professionelle Fotos in genügend hoher Auflösung von sich zum Download bereit. Sorgen Sie zudem dafür, dass Medienschaffende Ihre Medienmitteilungen, Ihre Vorstösse und die wesentlichsten Informationen über Sie schnell finden. 

Ein sorgfältiges Menü mit dem Menüpunkt «Medien» ist darum fast schon Pflicht.

3. Stakeholder-Gruppe: Die oft vergessene Gruppe: Ihre Wahlkampf-Community

Was bietet Ihre Webseite denjenigen, welche Sie unterstützen wollen?

Ich bezeichne diese Gruppe als «vergessene Gruppe», da ich auf vielen untersuchten Webseiten entweder keine Inhalte für diese Gruppe gefunden habe oder diese schwer zu finden waren.

Machen Sie es dieser Gruppe nicht zu schwierig! Gerade dieser Gruppe, Ihre engsten Verbündeten!

Wenn ich spenden möchte, dafür aber erst die Spendenmöglichkeiten suchen muss, ist das undankbar.

Wenn ich dem Unterstützungskomitee beitreten möchte, ich aber kein Formular dazu finde, ist das undankbar.

Wenn ich Sie durch aktive Teilnahme unterstützen möchte, aber keine Informationen finde, wie ich das tun könnte, ist das undankbar.

Kurz und gut: Ja, wir haben in der Schweiz nicht die gleiche Mitmach-Kultur wie die USA. Nur, wie soll eine solche entstehen, wenn von niemandem dazu aufgefordert wird?

Teil B: Online-Marketing im Wahlkampf

Die Schweizerinnen und Schweizer sind sich analoge Wahlkämpfe gewohnt. Das macht unsere Politik menschlicher und volksnah.

Wie aber kann mit digitalem Marketing ein Wahlkampf unterstützt werden, sodass mehr Wählerinnen und Wähler Ihnen die Stimme geben

Dazu möchte ich 3 + 1 Gedanken mit Ihnen teilen, dreimal was Sie tun sollten, einmal was Sie NICHT tun sollten.

Was ich nicht empfehle

Google Ads oder andere bezahlte Werbeanzeigen bei Suchmaschinen.

Es will mir kein vernünftiger Grund einfallen, warum man als Politiker/in bei Suchmaschinen Werbung schalten sollte.

Das Ganze scheitert bereits bei der Keyword-Recherche. Welche Suchbegriffe wären interessant für eine Werbekampagne? Der eigene Name, der Name von konkurrierenden Politikern, der Name der Partei, oder Keywords wie «Wahlen 2023», oder «Welche Partei passt zu mir?».

Beim eigenen Namen sollte Ihre Webseite ohnehin zuoberst stehen, warum also für den Klick bezahlen?

Bei allen anderen Vorschlägen fehlt die richtige Suchintention. Wer nicht Ihren Namen sucht, der ist auch nicht daran zu entscheiden, ob Sie wählbar sind.

Ich rate Ihnen zudem ab, Negativ-Campaign zu machen, wie es zum Beispiel die CVP im Jahr 2019 versucht hat. Natürlich lässt sich der Einfluss damals schwer messen, ich persönlich glaube, es hat der CVP geschadet.

1. Empfehlung: Suchmaschinenoptimierung für Politiker/innen

Come on, wenn Sie eine persönliche Webseite haben, dann werden Sie doch nichts anderes akzeptieren als Platz 1, wenn jemand Ihren Namen sucht.

Bei meiner Analyse der 30 Webseiten von Nationalrätinnen und Nationalräten musste ich feststellen, dass dies nicht einmal bei der Hälfte der Fall war.

Ich vermute, da wurde schlicht keine einzige Minute in Suchmaschinen-Optimierung eingesetzt.

Leute vom Fach werden jetzt vielleicht einwenden, dass Nationalrätinnen und Nationalräte auf den SEO-starken Seiten der Behörden und bei Wikipedia aufgelistet sind und darum in starker Konkurrenz stehen.

Dennoch:

Aufgrund der Tatsache, dass es viele Politiker/innen trotzdem auf Platz 1 geschafft haben, ist für mich klar, dass es mit einer sauberen OnPage-Optimierung klappt.

2. Empfehlung: Führen eines Social-Media-Kanals.

Keine grosse Überraschung 😉

Wie man erfolgreich einen Social-Media-Kanal aufbaut, dazu hilft Ihnen meine Blog-Reihe «Social-Media-Marketing am Beispiel LinkedIn». Fast alle dort beschriebenen Tipps können Sie auf anderen Kanälen übertragen.

Wenn ich einen aktiven Wahlkampf führen würde, dann würde ich (Stand heute) auf Twitter und Facebook setzen. (Ja ich weiss, Facebook ist tot, aber totgesagte leben länger 😉)

Grund: Auf diesen Kanälen ist die Zielgruppe aktiv und es ist akzeptiert, über Politik zu sprechen.

Auch noch wichtig:
(Re-)aktivieren Sie Ihren Account nicht alle vier Jahre ein halbes Jahr vor den Wahlen. Das bringt nichts. Die Algorithmen honorieren je länger je mehr konstante Aktivität. Sie können kaum Reichweite aufbauen, wenn Sie erst ein paar Monate vor den Wahlen damit beginnen, Beiträge zu schreiben.

Darum: Wenn Sie heute noch keinen aktiven Account haben, dann planen Sie besser für 2027. 

Setzen Sie in diesem Fall besser auf den nächsten Punkt:

3. Empfehlung: Mit bezahlter Online-Werbung den Wahlkampf pushen

Sollten Sie es verpasst haben, in den letzten Jahren eine organische Reichweite aufgebaut zu haben, dann können Sie trotzdem mit bezahlter Online-Werbung die Wählerinnen und Wähler erreichen.

Wichtig:

  1. Lassen Sie die Anzeige nicht nur professionell gestalten. Suchen Sie unbedingt einen Profi-Texter, damit Ihre Werbung den höchstmöglichen Effekt hatDesign wirkt, Text überzeugt.
  2. Normalerweise verlinken Online-Werbeanzeigen auf Ihre Webseite. Sorgen Sie darum zuerst dafür, dass Ihr Webauftritt überzeugt.

Nun würde mich natürlich interessieren: Teilen Sie meine Meinung, sind Sie in einzelnen (oder allen) Punkten anderer Meinung? Fragen und Kritik zu diesem Beitrag ist herzlich willkommen. Schreiben Sie mir dafür eine Mail an kontakt@undici-web.ch. Danke!


Sind Sie Politiker?
Bei meiner Webpage-Analyse analysiere ich Ihre Webseite und Sie erhalten einen Bericht inkl. Handlungsempfehlungen, damit Ihre Webseite aus Besucher Wähler macht.

PS: Falls Sie noch keine Webseite haben: Hier geht es zu meinem Webseiten-Angebot für Politiker/innen.

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